Datenschutz und Schulen: „Die Behörden sind damit überfordert, die komplette Schulsoftware zu prüfen“
Wie kann man Datenschutz für Schulen endlich praktikabel machen? In einem digitalen Live-Talk von edusiia und dem Bildungsjournalisten Christian Füller am 21.3.2024 stellte sich der ehemalige Datenschutzbeauftragte von Thüringen, Lutz Hasse, den Fragen engagierter Bildungsakteur:innen. Im Laufe des Gesprächs schaltete sich auch Stefan Schönwetter von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) zu, um seine Perspektive einzubringen.
„Ich bin für rechtskonforme digitale Bildung“
Hasse, der in seiner Amtszeit als harter Datenschützer galt und dafür auch einige Kritik einstecken musste, meinte rückblickend: „Ab und zu muss man ein bisschen laut werden, damit man gehört wird.“ So habe er zwar öffentlich mit Strafzahlungen gedroht, wenn Lehrkräfte „grottige Software“ mit unzureichendem Datenschutz genutzt hätten – Bußgelder habe seine Behörde im Schulbereich aber nie verhängt: „Das war Säbelrasseln.“
Der sorglose Umgang mit personenbezogenen Daten treibe ihn noch immer stark um, wurde im Gespräch deutlich. Besonders im Kontext KI und ChatGPT, das im Bildungsbereich bereits intensiv verwendet wird, gäbe es große Herausforderungen – alle wollten es nutzen, aber niemand wisse so recht, was hier mit den Daten passiere. Gegen digitale Bildung sei er aber nicht, betonte der Datenschützer, sondern vielmehr „für rechtskonforme digitale Bildung“.
Wer an Schulen verantwortlich für Datenschutz ist
Ein wichtiger Diskussionspunkt war die Rolle von Schulen und Schulleitungen im Umgang mit Datenschutz und digitalen Bildungstools. Hasse kritisierte, dass es für Schulen aktuell so schwer sei, rechtskonforme Entscheidungen zu treffen. Für Nicht-Jurist:innen sei die DSGVO ohnehin ein Buch mit sieben Siegeln, Schulleitungen könnten nicht die Verantwortung dafür tragen, die Tools selbst zu prüfen – dafür fehle es an Aus- und Weiterbildungen. Trotzdem liege der „Schwarze Peter“ aktuell bei den Schulleitungen. Das kritisierte auch Stefan Schönwetter von der DKJS, der ins Spiel brachte, die Verantwortung zu Schulträgern oder den Ländern „hochzuschieben“. Damit tat sich Hasse schwer, machte aber deutlich, dass die Zuständigkeiten viel klarer werden müssten – man müsse besser darüber informieren, wofür Schulen, Ämter und Ministerien jeweils verantwortlich sind.
Rollenwechsel für Datenschutzbehörden
Hasse plädierte in diesem Kontext auch für eine Abkehr vom repressiven Image der Datenschutzbehörden hin zu einer unterstützenden Funktion, die aktiv Orientierung und Hilfestellung bietet. Warum die Behörden denn nicht einfach Listen anböten, die sichere und unsichere Tools klar benennen, wollte Moderator Christian Füller wissen. Klare Antwort Hasse: „Die Behörden sind einfach damit überfordert, die komplette Schulsoftware zu prüfen.“ Und wie wäre es, wenn Unternehmen selbst die Datenschutzbehörden um einen Check bitten? „Wir müssten diese Leistung allen anbieten“, so der Datenschützer. Sonst stehe der Verdacht auf Wettbewerbsverzerrung im Raum. Es gebe aber immer mal wieder Anfragen von Unternehmen, auch von Start-ups.
Automatisierte Datenschutz-Checks
Könnte es nicht einfach Tools geben, die einen automatischen Datenschutz-Check durchführen? Mit ähnlicher Software arbeite man bereits in Teilen, sagte Hasse – auch in der Behörde. Insbesondere für KI-Anwendungen seien solche Werkzeuge seines Wissens aber noch nicht verfügbar, zudem müsse man natürlich zunächst auch diese Check-Tools selbst überprüfen. Langfristig könnten ein Datenschutz-Zertifikat bzw. ein entsprechendes Gütesiegel Schulen und Schulleitungen helfen, um geeignete Angebote schneller zu identifizieren und für bessere Bildung einzusetzen.
Datenschutz und Schulen: Bei edusiia geht die Diskussion weiter
Der Talk unterstrich, dass eine kollektive Anstrengung von Datenschützern, Schulen, und politischen Entscheidungsträger:innen erforderlich ist, um den digitalen Wandel in Bildungseinrichtungen sicher und effektiv zu gestalten. So lebhaft war die Diskussion, dass die Runde am Ende eine Viertelstunde länger als geplant blieb.
Der Austausch zum Thema ist nach dem Live-Talk aber nicht vorbei, sondern geht in unserem sozialen Netzwerk für Bildung weiter! Wir haben einen eigenen Raum dafür angelegt, in dem ihr das Thema Datenschutz und Schule weiter diskutieren könnt. Mitmachen ist natürlich kostenlos!
Über das Format
STARTCHANCEN KONKRET ist ein neues digitales Talk-Format des Bildungsnetzwerks edusiia und des Bildungsjournalisten Christian Füller. Im Gespräch mit interessanten Gästen bekommen Akteur:innen aus dem Schulbereich wertvolle Einblicke, wie sie das Startchancen-Programm möglichst sinnvoll nutzen können und welche Anknüpfungspunkte es für sie gibt.