Mambio – Die App zum gerne Mathe lernen
Mathematik ist fundamental für viele andere Wissenschaften und für zahlreiche Dinge, die wir im Alltag nutzen. Doch Mathe-Unterricht ist seit langem mit einem eher schwierigen Image behaftet – viele Kinder und Jugendliche tun sich schwer mit dem Fach. Das Hamburger Start-up neurodactics will das mit seiner spielerischen Lern-App Mambio ändern. Wie das funktionieren soll? Dazu haben wir Wiebke Nehls interviewt, die im Team für Didaktik und Forschung zuständig ist.
Was ist die Grundidee von Mambio?
Mambio ist eine Mathematik-App, mit der alle Kinder ab fünf Jahren spielerisch das Zählen und Rechnen lernen können.
An wen richtet ihr euch hauptsächlich, wer sind die Zielgruppen?
Wir richten uns an alle Kinder ab fünf Jahren. Mit Mambio kann sowohl in der Schule als auch zuhause gelernt werden. Aktuell decken wir die Arithmetik im Zahlenraum bis 20 ab. Im Sommer 2024 erweitern wir den Zahlenraum auf die Zahlen bis 100. Darauf sollen noch Updates bis hin zur Million folgen.
Es gibt inzwischen so viele Mathe-Lernangebote – was macht euch besonders?
Mambio ist adaptiv und inklusiv. Die App erkennt anhand der Eingaben, die das lernende Kind tätigt, wie sicher es in dem jeweiligen Aufgabenformat ist. Löst das Kind die Aufgaben richtig, so werden diese Stück für Stück schwerer und aufbauende Aufgabenformate werden freigeschaltet. Löst ein Kind eine Aufgabe noch nicht richtig, bekommt es zunächst für eben diese Aufgabe mehr Unterstützung. Diese Unterstützung kann unterschiedlich aussehen und variiert je nach Aufgabentyp.
Die App ist vollständig sprachbasiert, sodass auch (noch) nicht lesende Kinder selbstständig mit Mambio arbeiten können. Wir verzichten auf ein Belohnungssystem, das heißt, dass Kindern nicht erst „doofe“ Matheaufgaben lösen müssen, um etwas Schönes erleben zu dürfen. Die Aufgaben sind Teil der bunten Lernabenteuer.
Ihr betont, dass Mambio ein wissenschaftliches Fundament hat. Wie können wir uns das konkret vorstellen?
Wir verwenden das Educational-Design-Research-Verfahren. Das bedeutet, wir entwickeln Mambio gemeinsam mit der Zielgruppe stetig weiter. Regelmäßig kommen Kinder und Jugendliche zu einer individuellen Matheförderung ins Büro und erarbeiten mit uns neue Formate, Anpassungen im Design oder das Handling der App. Die Kinder und Jugendlichen geben uns wertvolle Rückmeldungen, die wir dann umsetzten. Größere Einheiten der App testen wir mit Grundschulen, mit denen wir kooperieren.
Eine unserer Mengendarstellungen, die 2er-Bündelung, verfügt über eine besonders große wissenschaftliche Historie: Im Rahmen einer Studie der Uni Hamburg wurde festgestellt, dass Menschen mit Trisomie 21in der Regel eine kleine Menge simultan, d.h. auf einen Blick, erfassen können. Im Rahmen seiner Dissertation hat einer unserer Gründer Dr. Torben Rieckmann ebenfalls im Educational Design Research-Verfahren die 2er-Bündelung entwickelt.
Das erste Starten der App beginnt mit einem Einstufungsverfahren, indem unter anderem herausgefunden wird, ob das lernende Kind mit der üblichen 5er-Bündelung oder der alternativen 2er-Bündelung arbeiten sollte. Dieses Einstufungsverfahren würde mit über 270 Kinder und Jugendlichen erprobt.
Begegnen euch Vorbehalte, dass eure Lösung Kinder zum „Aufs-Display-Starren“ verführen könnte?
Wir erleben diese Vorbehalte nur sehr selten. Die Pandemie scheint ein Bewusstsein dafür geschaffen zu haben, dass gute digitale Lerninhalte in der Bildung eine zentrale Funktion einnehmen können. Mit Mambio bieten wir eine Möglichkeit, die Medienzeit für die Kinder attraktiv und Erwachsenen durch qualitativhochwertige und kindgerechte Lerninhalte mit einem guten Gefühl verbunden, zu gestalten.
Wie wichtig ist gutes Storytelling für den Lernerfolg?
Das Schaffen einer guten Lernumgebung hat vielfältige Anforderungen. Wichtig ist, das Kind anzusprechen, es mit der Geschichte zu fesseln und Teil der Erlebnisse werden zu lassen. Bei uns wählt das Kind aus der Dino-, die Feen- oder Monsterwelt es. Dann fliegt es gemeinsam mit dem Hasen Mambi in das jeweilige Lernabenteuer. Unsere Lernabenteuer ähneln im Aussehen einem Zeichentrickfilm, haben aber das Tempo des Vorlesens eines Bilderbuches. Wir wollen die Kinder nicht überreizen, sondern die Aufmerksamkeit auf die Aufgaben bündeln. In den Lernabenteuern begegnen die Kinder vielfältigen Charakteren. In allen Welten ist für jedes Kind etwas dabei und es fällt schwer, sich auf einen Lieblingscharakter festzulegen. Aber bei uns muss man sich auch gar nicht festlegen, es dürfen auch viele oder gar alle Charaktere gefallen.
Ihr habt ein Freemium-Geschäftsmodell, es gibt also kostenpflichtige Features. Habt ihr Sorge, damit manche Kinder auszuschließen?
Diese Sorge besteht selbstverständlich. Wir haben in der Vergangenheit sehr viel darüber diskutiert, wie die aufwändige App-Entwicklung finanziert werden kann, ohne die Nutzung der App zu sehr von den finanziellen Möglichkeiten der Schulen und Eltern abhängig zu machen. Leider haben wir noch keine vollends befriedigende Lösung gefunden.
Wäre es denkbar, dass ihr euren Ansatz auch auf andere Fachbereiche übertragt?
Na klar, grundsätzlich glauben wir daran, dass wir das Stück für Stück erworbene Wissen auf andere Fachbereiche übertragen können. Zunächst liegt unser Fokus auf der Arithmetik der Grundschule, Ideen darüber hinaus gibt es aber zahlreiche. Wir sind gespannt, wohin die Reise geht!
Was braucht es aus eurer Sicht insgesamt für mehr Inklusion an Schulen?
Wir sind der festen Überzeugung, dass Inklusion längt in den Köpfen der meisten Leute angekommen ist. Erfahrungen aus der Praxis zeigen aber, dass sie an vielen Stellen aufgrund von Ressourcenknappheit immer wieder scheitert. Mehr Personal und Ausstattung würden allen Schüler:innen sehr zugutekommen.
Wo wollt ihr in den nächsten fünf Jahren hin mit Mambio?
Das ist ein großer Horizont in unserer vergleichsweisen kurzen Historie. In fünf Jahren wollen wir viele Kinder mit Mambio lernen lassen, weitere tolle Charaktere in die Welt schicken und Mambi unzählige Lernabenteuer erleben lassen.