„Eine Förderung von begabten Auszubildenden war längst überfällig“
Viele Stipendien richten sich an Studierende – doch Talente in der Berufsausbildung bleiben oft außen vor. Das Stipendium TidA (Talente in der Ausbildung) will genau das ändern. Cornelia Werner, Fachleitung Berufliche Bildung bei der Stiftung der Deutschen Wirtschaft, erklärt im Interview, wie TidA funktioniert, welche Chancen das Programm bietet und warum Vernetzung der Schlüssel zum Erfolg ist.
Was ist die Grundidee des TidA-Stipendiums und welche Ziele verfolgen Sie mit diesem Programm?
Eine Förderung von begabten Auszubildenden war längst überfällig, denn schließlich sind diese Fachkräfte dringend gesucht. Stipendienmöglichkeiten machen die Ausbildung zusätzlich attraktiv. Wir wollen die Talente in diesem Bereich optimal fördern und auf ihrem Weg unterstützen.
Wie unterscheidet sich TidA von anderen Stipendienprogrammen, die Auszubildende unterstützen?
Bei TidA erhalten die Stipendiatinnen und Stipendiaten eine Förderung auf zwei Ebenen. Zum einen werden sie mit einer monatlichen Bildungspauschaue von 300 Euro unterstützt. Zum andern können sie aber auch an einem umfassenden ideellen Angebot teilnehmen und werden Teil des großen Netzwerks der beiden Stiftungen, die hinter TidA stehen – der Stiftung der Deutschen Wirtschaft (sdw) und der Stiftung Begabtenförderung berufliche Bildung (SBB).

Können Sie uns mehr über die ideelle Förderung erzählen, die das Programm den Stipendiat:innen bietet?
Das ideelle Programm beinhaltet verschiedene Veranstaltungen und digitale Lernangebote. Ziel ist es, die eigenen Kompetenzen zu erweitern, aber auch über den Tellerrand der Ausbildung hinaus zu blicken und neue Ideen zu entwickeln. Die Stipendiatinnen und Stipendiaten haben die Möglichkeit, das Programm aktiv mitzugestalten und ihre eigenen Wünsche einzubringen. Zudem können die Geförderten in den Austausch gehen mit Stipendiatinnen und Stipendiaten unseres Studienförderwerks Klaus Murmann und mit den Studierenden aus dem Weiterbildungs- und Aufstiegsstipendium der SBB und so ihr persönliches Netzwerk erweitern.
Welche Art von Workshops und Seminaren werden den Teilnehmer:innen angeboten und wie wählen Sie die Themen aus?
Das Themenspektrum ist breit. Es gibt zum Beispiel Veranstaltungen, die auf den Ausbau persönlicher Kompetenzen abzielen. Gerade hatten wir einen Workshop mit dem Ziel, das eigene Selbstbewusstsein zu stärken. Es gibt aber auch Angebote, die unterstützen, die eigene Zukunft aktiv zu gestalten. Finanzielle Bildung ist beispielsweise ein Thema: Wie sorge ich vor? Wie kann ich Geld anlegen? Welche Versicherungen brauche ich? Das sind Themen, die in der (Berufs-)Schule häufig zu kurz kommen.
Inwieweit spielt Mentoring eine Rolle im Rahmen des Stipendiums?
Mentoring ist auf jeden Fall ein wichtiger Faktor. Die Mentorinnen und Mentoren sind für unsere Stipendiatengruppen eine wichtige Begleitung. Sie sind bereits ihren Ausbildungsweg gegangen und können so ihre Erfahrungen sehr gut weitergeben. Sie begleiten die Auszubildenden individuell und stehen bei Fragen und Entscheidungen rund um die Ausbildung beratend zur Seite. Zusätzlich gibt es ehrenamtliche Gruppenkoordinatorinnen und -koordinatoren, die das Netzwerk und den Austausch zwischen den Auszubildenden in den jeweiligen Regionen stärken und regionale Treffen organisieren.

Welche Voraussetzungen müssen Interessierte erfüllen, um sich für das TidA-Stipendium bewerben zu können?
Die Bewerbungsphase läuft in diesem Jahr bis zum 9. Mai 2025. Wir suchen engagierte Auszubildende aus Berlin und Düsseldorf, die unmittelbar vor Beginn der dualen Berufsausbildung stehen und oder gerade begonnen haben.
Das Programm wird in den Regionen Berlin und Düsseldorf angeboten – gibt es Pläne, das Stipendium auch auf andere Städte auszudehnen?
Wir sind aktuell Teil der dreijährigen Pilotförderung Begabte Auszubildende und Fachkräfte in der Förderung der Begabtenförderungswerke (BAFF) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Die Nachfrage und die Bewerbungszahlen sind sehr gut, sodass wir natürlich hoffen, dass die Stipendien für Auszubildende auch darüber hinaus fortgeführt und ausgebaut werden.
Wie sieht der Auswahlprozess für die Stipendiat:innen aus, und welche Kriterien sind besonders wichtig?
Die Bewerberinnen und Bewerbern sollten sich bereits Gedanken über ihre beruflichen Ziele gemacht haben und gut begründen können, warum sie sich für ihren Ausbildungsberuf entschieden haben. Wichtig ist uns auch ehrenamtliches Engagement und wir schauen uns auch die Noten an, auch wenn ein Einserschnitt nicht notwendig ist. Im ersten Schritt füllen die Bewerberinnen und Bewerber den Fragenbogen in unserem Online-Bewerberportal aus. Wir laden anschließend die Interessantesten in die zweite Runde zu einem Online-Auswahlgespräch im Juni und Juli 2025 ein. Wer da überzeugen kann, wird am 1. September 2025 in die Förderung aufgenommen.
Welche Erfolge oder besonderen Momente gab es bisher in der Pilotphase des Programms?
Wir haben uns sehr gefreut, dass uns schon in der ersten Runde viele Bewerbungen erreicht haben, obwohl das Angebot noch gar nicht groß bekannt war. Natürlich war ein besonderer Moment, die ersten beiden Stipendiatengruppen in Berlin und Düsseldorf offiziell in die Förderung aufzunehmen und die Stipendiatinnen und Stipendiaten persönlich kennenlernen zu dürfen. Es ist spannend zu sehen, dass sie aus so vielen verschiedenen Ausbildungsberufen kommen und alle ihre ganz eigenen Sichtweisen mit in den gemeinsamen Austausch bringen.
Wie sehen Sie die Zukunft des Projekts, welche Entwicklungen und Neuerungen planen Sie in den kommenden Jahren?
Wir haben ja erst einen Jahrgang in der Förderung, deshalb lernen wir natürlich ständig dazu. Unser Ziel ist es, gerade das ideelle Angebot stetig weiterzuentwickeln und optimal auf die Bedürfnisse der Stipendiatinnen und Stipendiaten zuzuschneiden – natürlich vor allem auch durch ihre Rückmeldungen und ihre Mitarbeit. Wichtig ist für uns auch der Netzwerkaufbau, der so viel Potenzial mit sich bringt und tolle Austauschmöglichkeiten für alle Beteiligten bietet. Deshalb freuen wir uns natürlich in diesem Jahr auf 50 weitere Geförderte – je mehr, desto stärker das Netzwerk!