Ein Puzzle, das Balu und Du zeigt

Mentoring-Programm Balu und du: „Wir leisten einen echten Beitrag für mehr Bildungsgerechtigkeit“

In welchem Umfeld wachsen Kinder auf? Welchen Zugang zu Bildung können sie wahrnehmen? Welche Hürden gibt es? In Deutschland werden diese Fragen immer wieder diskutiert – und immer noch gibt es große Unterschiede, die zu Ungerechtigkeit und gebremster Entwicklung führen können. Das Mentoring-Programm Balu und du setzt an diesem Punkt an und fördert Grundschulkinder im außerschulischen Bereich. Wir haben Lisa Gregor vom Balu-Team dazu befragen können, wie das Programm funktioniert, welche Wirkung es hat und welche Zukunftspläne es in dem Bereich gibt.

Lisa Gregor von Balu und Du
Lisa Gregor ist bei Balu und du Projektleiterin für den Programmausbau Nordrhein-Westfalen (Foto: Balu und Du e.V. / © Jan Voth)

Was ist die Idee hinter Balu und du?

Ein Mädchen und eine Frau lehnen an den Kletterseilen auf einem Spielplatz und lächeln sich an
Balu und Mogli – das Duo aus Mentor:in und Kind trifft sich für ein Jahr einmal pro Woche (Foto: Balu und Du / Besim Mazhiqi)

Leider gibt es noch keine Bildungs- und Chancengerechtigkeit. Wir wünschen uns aber, dass jedes Kind die Möglichkeit bekommt, seinen eigenen Weg zu finden und möchten eventuelle Hürden aus dem Weg räumen. Für viele Kinder bestehen diese Hürden in dem, was oft das Glück (oder halt Pech) der Geburt genannt wird: Wenn ich in einem gebildeten Umfeld mit guter finanzieller Ausstattung aufwachse, werde ich es leichter haben, als wenn das nicht der Fall ist. Da lassen sich schon bei jungen Kindern große Unterschiede nachweisen. Diese Unterschiede, diese Hürden also, wollen wir angehen.
Das klappt durch unser Mentoring!  Und dabei macht es allen Beteiligten Spaß, denn das informelle Lernen, das der Kern von Balu und Du ist, ist eine sehr entspannte und fröhliche Herangehensweise an die Welt. Unsere Tandems, die sich immer aus einer jungen Person zwischen dem Oberstufenalter (also grob gesagt ab 17) und dem 30. Lebensjahr sowie einem Grundschulkind zusammensetzen, treffen sich für ein Jahr einmal pro Woche. Sie gucken in den Treffen gemeinsam, auf was sie Lust haben. Vielleicht auf eine Radtour? Oder ist es ein richtig heißer Tag? Dann wird vielleicht ein schöner Wasserspielplatz zusammen entdeckt. Vielleicht haben aber auch beide viel zu erzählen, machen sich einen Kakao und plaudern über ein paar Ausmalbildern.
Bei den Aktionen die ich jetzt genannt habe entstehen so unglaublich viele Lernanreize, dass es schon zu lange dauern würde, sie hier aufzuzählen, deshalb reiße ich nur ganz kurz ein paar Beispiele an: Verkehrsregeln, Orientierung in der Stadt, Motorik, Alltagskompetenzen wie Geschick in der Küche,…
Wenn man darüber nachdenkt, passiert in diesen unaufwendigen Treffen ganz viel für die Entwicklung des Kindes. Und das ganz freiwillig und ohne Widerwillen!

Was war der Startpunkt für euer Projekt bzw. wie ging es los?
Balu und Du gibt es schon seit gut 20 Jahren. Anfang der 2000er ging es los. Eines unserer Gründungsmitglieder, Dr. Dominik Esch, ist auch heute noch unser Vereinsvorsitzender und hat Balu und Du von den ersten vorsichtigen Schritten an begleitet. Heute sind wir deutschlandweit an rund 150 Standorten aktiv und fördern jedes Jahr weit über 1000 Kinder.

Wer kann alles bei euch mitmachen?
Auf die Frage muss ich eine dreiteilige Antwort geben.
Zuerst und am sichtbarsten haben wir da natürlich die Grundschulkinder. Es dürfen grundsätzlich alle Kinder mitmachen, aber man muss von einer Grundschullehrkraft vorgeschlagen werden. Wenn dann ein Balu in der Nähe frei ist und es passt, dann kann es losgehen. Für die Kinder ist Balu und Du absolut kostenlos.
Dann kommen wir zum Herzen unseres Programms, ohne dass das alles gar nicht möglich wäre. Unsere Balus! Das sind die jungen Leute die sich im Studium, während der Schulzeit oder neben Ausbildung oder Job bei uns engagieren. Ehrenamtlich! Man braucht keine pädagogischen Kenntnisse, um Balu zu werden. Nur Zeit und Motivation. Wer das (und ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis, denn natürlich spielt der Kinderschutz bei uns eine ganz große Rolle!) mitbringt, kann sich bei einem unserer Standorte melden. Balu werden und sein ist nicht kompliziert, dafür aber eine tolle und bereichernde Erfahrung.
Als Drittes, und das hat sich in dem was ich bis jetzt gesagt habe schon abgezeichnet, brauchen wir unsere sogenannten Standorte. Das sind die Gruppen vor Ort. Weil unsere Balus zu regelmäßigen Begleitseminaren gehen und auch ein Onlinetagebuch schreiben, muss es immer eine Fachkraft vor Ort geben, die für unsere Tandems da ist. Deshalb arbeiten wir mit Hochschulen zusammen (da gibt es dann manchmal sogar Creditpoints für Balu und Du), mit Wohlfahrtsverbänden und ganz oft auch mit Schulen: Berufskollegs, Gesamtschulen und Gymnasien können unser Programm fest in den Unterricht einbauen. Das geht in NRW als Projektkurs, in Niedersachsen als Seminarfach und in den meisten anderen Ländern unter anderem Namen genauso gut.
Wir suchen immer nach Schulen, die als neuer Standort mitmachen wollen. Sehr gern darf man sich dafür bei uns melden!

Ihr betont, dass euer Mentoring echte Wirkung zeige – wie ermittelt ihr das und wie sieht die Wirkung genau aus?

Unsere Wirkung ist etwas, worauf wir wirklich stolz sind! Ich bemühe mich, mich trotzdem kurz zu fassen und nur einige Punkte zu nennen. Wer mag, kann sich die Ergebnisse gern genauer ansehen, wir haben alles auf unserer Website verfügbar gemacht.
Zuerst: Unsere Wirkung haben wir nicht selbst gemessen. Das macht vor allem das unabhängige briq-Institut in Bonn. Hier wurden mehrere hundert Kinder eingeladen an einer Studie teilzunehmen.

Ein Junge malt mit einem Pinsel die Hand einer lächelnden Frau an.
Spielen im Park, gemeinsam Malen oder einfach nur miteinander reden: Die Aktivitäten bei Balu und du sind vielfältig (Foto: Balu und Du / Besim Mazhiqi)

Zuerst hat sich gezeigt, dass sich das prosoziale Verhalten verbessert. Die Kinder imitieren das kreative, prosoziale, allgemein positiv vorbildliche Verhalten von Balu.
Darunter versteht man zum Beispiel die Fähigkeit zu helfen und zu teilen. Gleichzeitig wurden auch die schulischen Leistungen der Kinder deutlich besser. Und, ich erinnere nochmal daran, ohne dass wir mit den Kindern aktiv im herkömmlichen Sinn lernen! Bei uns werden Muffins gebacken und Brettspiele gespielt, statt Textaufgaben zu lösen und Vokabeln zu lernen.
Das tollste Ergebnis war für uns aber, dass diese ganzen Effekte über Jahre anhalten. Das heißt wer einmal an Balu und Du, unserem Mentoring auf Zeit, teilgenommen hat, profitiert von einer Wirkung aufs Leben!

Wie finanziert ihr euch?
Wir sind ein Verein und werden leider bislang nur in einigen wenigen Städten durch öffentliche Strukturen dauerhaft unterstützt. Unsere Mittel werde uns von Stiftungen und anderen Fördernden zur Verfügung gestellt. Auch Bundesprogramme wie Menschen stärken Menschen oder AUF!leben helfen uns immer wieder.
Und wir freuen uns natürlich auch über Spenden von privaten Spendern! Dazu gibt es online alle nötigen Infos und Daten.

Was habt ihr für die Zukunft noch für Pläne?
Das ist einfach: Wir wollen noch mehr Kinder fördern! Wir wissen, dass wir einen echten Beitrag für mehr Bildungsgerechtigkeit leisten. Wir wissen, dass wir Kindern (und damit ganzen Familien) gut tun.
Den jungen Erwachsenen, die bei uns mitmachen hilft Balu und Du auch. Wir bieten erste Praxiserfahrung im pädagogischen Bereich und damit auch Berufsorientierung.
Deshalb: Egal ob potentieller Balu oder interessierte Schule – Wir freuen uns über Mails und Anrufe mit vertiefenden Fragen zum Programm!

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